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Persönlichkeitsdimensionen

Das mittels IdentyFi® erstellte Persönlichkeitsprofil setzt sich aus den individuellen Werten der sechs Dimensionen Gewissenhaftigkeit, Lernwille, Emotionale Stärke, Kontaktbereitschaft, Bereitschaft zur Teamarbeit und Durchhaltevermögen zusammen und gibt einen Überblick über berufsrelevante Persönlichkeitseigenschaften von Jugendlichen. In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Dimensionen definiert und es wird ihre inhaltliche Beziehung zu den Big Five und weiteren Persönlichkeitsanalysen hergestellt. Eine Übersicht mit einer detaillierten Interpretationshilfe findet sich im Anhang dieses Handbuchs.

Gewissenhaftigkeit

Die Dimension Gewissenhaftigkeit macht Aussagen darüber, mit welcher Genauigkeit, Sorgfalt, Zuverlässigkeit und Detailorientierung eine Person ihre Arbeit erledigt und mit wie viel Willen und Antriebskraft Aufgaben erfolgreich und bis zu Ende bearbeitet werden. Ausserdem wird erfasst, wie hoch der Stellenwert von Arbeit, Leistung und Karriere bei einer Person ist. Geprüft wird auch, ob der Karriere grössere Wichtigkeit zugesprochen wird als der Freizeit und die Leistung stetig zu steigern versucht wird. Ebenfalls werden Ordentlichkeit, die Planung von Aufgaben wie auch das Kontrollieren geleisteter Arbeit thematisiert.

Im Persönlichkeitsverfahren NEO-PI-R (Ostendorf & Angleitner, 2004) wird Gewissenhaftigkeit mit verschiedenen Facetten beschrieben. Dabei kommt dem Konzept der Impulskontrolle eine wichtige Rolle zu, denn neben der Regulation von Begierden und Wünschen existiert eine zweite Art von Selbstkontrolle in Form von Planung, Organisation und Durchführung von Aufgaben. Diese Form ist Grundlage der Dimension Gewissenhaftigkeit gemäss NEO-PI-R (Ostendorf & Angleitner, 2004). Personen mit hoher Ausprägung beschreiben sich als zielstrebig, ehrgeizig und fleissig. Gewissenhaftigkeit steht in Zusammenhang zu akademischer und beruflicher Leistung (Barrick & Mount, 1991), in hoher Ausprägung jedoch auch in Verbindung mit einem übertrieben hohen Niveau des Anspruchs an sich selbst oder mit zwanghafter Ordentlichkeit (Ostendorf & Angleitner, 2004).

Die Gewissenhaftigkeit sensu IdentyFi® weist des Weiteren Überschneidungen mit der Selbstdisziplin als Gewissenhaftigkeits-Facette gemäss NEO-PI-R auf. Unter Selbstdisziplin wird konsequentes, unermüdliches und ausdauerndes Verhalten bei der Arbeit sowie das Nicht-Herauszögern lästiger Arbeiten verstanden (Ostendorf & Angleitner, 2004). Dieses selbst gesteuerte Einhalten und Verfolgen von Zielen oder Fristen wird auch in der Gewissenhaftigkeit gemäss IdentyFi® erfasst. Es wird dabei in IdentyFi® verstärkt auf das Verhalten – wie die Einhaltung von gesetzten Prioritäten und die Umsetzung der Planung – eingegangen. Gewissenhaftigkeit kann als gegenläufig zu der Tendenz verstanden werden, Entscheidungen hinauszuschieben und Probleme zu ignorieren (im Sinne von Prokrastination; Di Fabio, 2006).

Eine weitere Ähnlichkeit besteht mit den Faktoren Ordnungsliebe und Pflichtbewusstsein gemäss NEO-PI-R. Personen mit hoher Ausprägung auf der Facette Ordnungsliebe werden als «organisiert, systematisch und pedantisch» (Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 38) beschrieben. Hingegen beschreiben sich Personen mit niedriger Ausprägung als wenig organisiert und unsystematisch in ihrer Arbeitsweise. Personen mit hoher Ausprägung der Facette Pflichtbewusstsein werden als «genau, pünktlich und zuverlässig» (Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 38) bezeichnet. Sehr pflichtbewusste Personen erfüllen peinlich genau ihre Verpflichtungen. Hingegen beschreiben sich Personen mit niedriger Ausprägung als ungenau, wenig verantwortungsbewusst und unsorgfältig in ihrer Arbeitsweise (Ostendorf & Angleitner, 2004).

Die Gewissenhaftigkeit sensu IdentyFi® lässt sich in Analogie zur Operationalisierung der Gewissenhaftigkeit gemäss Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP; Hossiep & Paschen, 2003) setzen. Im BIP wird ein Teilaspekt der Gewissenhaftigkeit, nämlich Sorgfalt und Präzision, untersucht. Begründet wird diese Beschränkung damit, dass «sich gerade in diesem Punkt (Pragmatismus versus Perfektionismus) viele Tätigkeitsanforderungen deutlich unterscheiden und eine mit anderen Aspekten möglichst nicht konfundierte Messung sichergestellt werden sollte» (S. 28). Personen mit hoher Ausprägung versuchen, jede begonnene Aufgabe so gründlich und präzise wie möglich zu bearbeiten. Dabei ist ihnen das korrekte Einhalten von Fristen sehr wichtig. Ebenso bleiben sie auch dann noch ausdauernd bei der Sache, wenn es auf Einzelheiten und Details ankommt (Hossiep & Paschen, 2003).