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Anwendung des Verfahrens

Die folgenden Kapitel informieren über die Testdurchführung, den Befragungs- sowie Beantwortungsmodus, liefern Angaben zur Auswertung und Interpretation und berichten über verschiedene Anwendungsgebiete.

Informationen zur Testdurchführung

Die Durchführung von IdentyFi® für die Jugendlichen im Direktzugang und im Firmenzugang läuft vergleichbar ab. Die Durchführung findet am Computer statt. Es existiert aktuell keine Kurzversion und das Verfahren wurde nur in deutscher Sprache und als Computertest überprüft. Eine gleichzeitige Testung von mehreren Personen (Gruppentestung) ist möglich. Dabei ist darauf zu achten, dass jede Person ungestört und unbeobachtet die Persönlichkeitsanalyse bearbeiten kann. Sämtliche Instruktionen sind Bestandteil der computerbasierten Durchführung und werden zu Beginn des Verfahrens angezeigt.

Fehler in der Durchführung und Auswertung des Verfahrens sind aufgrund der computerbasierten Form von IdentyFi® nicht zu erwarten. Um Fehler in der Interpretation zu vermeiden, wird ein ausführliches Studium des vorliegenden Manuals empfohlen.

Zielgruppen

IdentyFi® richtet sich an Jugendliche und wurde für zwei Zielgruppen normiert. Es gibt eine Normierung für Jugendliche im Direktzugang und eine für Jugendliche im Firmenzugang (Jugendliche im Rekrutierungsprozess). Alle Personen der beiden Normierungsstichproben sind zwischen 13 und 25 Jahre alt. Auf die Durchführung und Auswertung der Persönlichkeitsanalyse ist bei Jugendlichen unter 13 Jahren aufgrund fehlender Normen zu verzichten.

Es sind keine altersspezifischen oder bildungsabhängigen Normen hinterlegt. Die Werte der Vergleichspopulation (Normierung) wurden für die Variable Geschlecht gewichtet, um eine leicht schiefe Verteilung (d. h. mehr männliche Personen in der Normierungsstichprobe) auszugleichen. So wird eine Person in der Auswertung mit einem ausgeglichenen Referenzwert aus der Verteilung der Werte von männlichen und weiblichen Jugendlichen gleichermassen verglichen. Sämtliche Jugendliche im Firmenzugang befanden sich zum Zeitpunkt der Befragung in einem Rekrutierungsprozess, weshalb dieser Kontext für einen akkuraten Vergleich gegeben sein muss.

Durchführungszeit, Material, Instruktion

Die Durchführung der Persönlichkeitsanalyse dauert ungefähr 15 Minuten, eine Vorbereitung ist nicht möglich. Für die bearbeitende Person sowie allfällige Testleitende nimmt die Auswertung keine Zeit in Anspruch, da diese automatisiert generiert und anschliessend in elektronischer Form zur Verfügung gestellt wird.

Für die Durchführung wird ein Computer mit einem Webbrowser, vorzugsweise dem Browserprogramm Firefox, benötigt. Eine stabile Internetverbindung ist für eine reibungslose Durchführung zwingend. Die Auswertung erfolgt automatisch, weshalb dafür kein weiteres Material notwendig ist. Unterlagen für Notizen sowie andere Testmaterialien sind nicht nötig. Von einer Bearbeitung am Smartphone oder anderen Endgeräten mit sehr kleinen Bildschirmen wird abgeraten. Des Weiteren bestehen keine expliziten Anforderungen an die Qualität des Computers und Bildschirms.

Eine Durchführung kostet CHF 40.00 (inkl. Mehrwertsteuer), bei einer Durchführung im Rahmen eines Rekrutierungsprozesses (Firmenzugang) werden diese Kosten üblicherweise von der betreffenden Firma übernommen. Mittels eines Identifikations-Codes können die Jugendlichen dann die für sie kostenlose Durchführung starten. Der Zugang zu IdentyFi® wird über www.gateway.one/identyfi gewährleistet.

Sämtliche Instruktionen zur Durchführung der Persönlichkeitsanalyse werden vor beziehungsweise während der Durchführung in standardisierter und schriftlicher Form im computerbasierten Testverfahren angezeigt. Zu Beginn der Analyse gibt es eine allgemeine Instruktion zur Bearbeitung des Verfahrens mit einem Beispiel zur Veranschaulichung des Beantwortungsmodus. Zusätzliche Informationen werden für die Durchführung nicht benötigt.

Software-Ergonomie

Vor der Testdurchführung erstellt jede teilnehmende Person mittels E-Mail-Adresse und selbst gewähltem Passwort ein Profil. Bei Jugendlichen mit Firmenzugang wird zusätzlich ein Identifikations-Code verlangt, der der bearbeitenden Person den kostenfreien Zugang ermöglicht. Sollte es während der Durchführung zu einer Unterbrechung kommen, ist mittels Login ein Wiedereinstieg gewährleistet. Da nicht per se eine Leistung abgefragt wird, sondern eine Selbsteinschätzung, ist nicht von Leistungseinbussen aufgrund einer Unterbrechung auszugehen. Bei der Durchführung wird per Fortschrittsanzeige der Stand der Bearbeitung angegeben. Es ist möglich, während der Durchführung auf bereits bearbeitete Seiten zurückzukehren und dort Änderungen vorzunehmen. Auf unsachgemässe Bedienung wird mittels Fehlermeldungen hingewiesen. Die Auswertung wird erst generiert, wenn die gesamte Analyse bearbeitet ist.

Durchführungsvoraussetzungen

IdentyFi® kann in Einzel- oder Gruppentestung durchgeführt werden. Einzeltestungen erfordern keine Testleitung, in Gruppentestungen wird von Testleitenden keine Qualifikation zur Testdurchführung vorausgesetzt. Voraussetzung für die Persönlichkeitsanalyse sind grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache und eine ausreichende Sehfähigkeit.

Bezüglich der Testsituation ist darauf zu achten, dass die Durchführung an einem ruhigen und ungestörten Ort stattfindet. Das Verfahren sollte trotz der Möglichkeit zur Unterbrechung und zum Wiedereinstieg in einer einzigen Session bearbeitet werden. Pausen sind aufgrund der kurzen Bearbeitungszeit nicht nötig.

Befragungs- und Beantwortungsmodus

IdentyFi® ist ein internetbasiertes psychodiagnostisches Fragebogenverfahren, das sich auf die Selbsteinschätzung der befragten Jugendlichen stützt. Dies bedeutet, dass die Befragten für verschiedene Aussagen zu unterschiedlichen Situationen und Verhaltensweisen angeben müssen, wie sehr diese auf sie zutreffen. Wie bei Persönlichkeitsfragebögen typisch, gibt es per se keine richtigen oder falschen Antworten auf die Items in IdentyFi®. Bei einem eignungsdiagnostischen Einsatz von IdentyFi® sind jedoch je nach Arbeitsumfeld und Anforderungsprofil der Tätigkeit bestimmte Antworten und daraus resultierende Persönlichkeitsprofile passender als andere. Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte beachtet werden, dass das Resultat eines Fragebogenverfahrens vom individuellen Beurteilungsmassstab, dem persönlichen Antwortverhalten und der sozialen Erwünschtheit beeinflusst werden kann.

Hat eine Person in ihrem Beurteilungsmassstab zum Beispiel eine Tendenz zur Strenge, so wird sie sich konsistent eher tiefer einschätzen als eine Person mit einem milderen Massstab (Fisseni, 1997). Ein weiterer Faktor, der sich auf die Antworten bei Selbstbeurteilungen auswirken kann, ist die soziale Erwünschtheit. Wenn die Jugendlichen ahnen, welche Verhaltensweisen positiver bewertet werden, können sie die Tendenz zeigen, sich im Sinne der Erwartungen anderer positiver darzustellen, als sie es in Wirklichkeit für zutreffend halten (Moosbrugger & Kelava, 2012). Diese Verzerrung muss jedoch nicht per se etwas Negatives darstellen; sie kann sogar zusätzliche Informationen über die Testperson liefern. Denn richtig einzuschätzen, was als sozial erwünscht gilt, und sich entsprechend darzustellen, erfordert einerseits soziale Kompetenz wie zum Beispiel Einfühlungs- und Vorstellungsvermögen für die erwarteten Angaben wie auch anderseits eine Kompetenz und Motivation zur Anpassung der eigenen Selbstdarstellung (siehe z. B. Marcus, 2003). Die Befunde einer Metaanalyse sprechen ausserdem dafür, dass soziale Erwünschtheit die Aussagekraft von Persönlichkeitsdimensionen auf die Arbeitsleistung nicht beeinflusst (Ones, Viswesvaran & Reiss, 1996).

Grundsätzlich kann bei Persönlichkeitstests im Rahmen von fordernden Situationen, wie zum Beispiel bei Bewerbungsverfahren, von einer leichten Überschätzung in den gemachten Selbsteinschätzungen ausgegangen werden. Dies bedeutet, dass sich Personen leicht besser darstellen, als sie effektiv sind. Allerdings ist diese positive Verzerrung bei den meisten Personen ähnlich ausgeprägt (McFarland & Ryan, 2000). Diese positive Selbstdarstellung wird bei IdentyFi® rechnerisch mithilfe einer kontextspezifischen Normierung ausgeglichen. Das bedeutet, dass die Ergebnisse einer Person im Bewerbungsprozess (im Firmenzugang) mit den Ergebnissen anderer Personen verglichen werden, die sich ebenfalls im Bewerbungsprozess befanden. Die individuellen Ergebnisse einer Person beziehen sich immer auf die Verteilung der korrespondierenden Werte in der Vergleichsstichprobe.

Das Verfahren wird computerbasiert durchgeführt. Der Beantwortungsmodus ist für jede der 70Aussagen derselbe: Die Jugendlichen geben per Mausklick auf einer sechsstufigen Antwortskala an, wie stark die Aussage auf sie zutrifft. Die Antwortstufen gehen von «trifft gar nicht zu» bis «trifft vollkommen zu» (siehe Abbildung 1). Wenn eine Person also beispielsweise keine Freude daran hat, knifflige Aufgaben zu lösen, würde sie die erste Aussage in der Abbildung 1 als vollkommen zutreffend bewerten. Oder: Je lieber sie mit anderen Personen zusammenarbeitet, um eine Aufgabe zu lösen, desto zutreffender würde sie die zweite Aussage bewerten.

Antwortformat der Items

Abbildung 1. Antwortformat der Items

Die beiden Typen der Persönlichkeitsanalyse IdentyFi® – Direktzugang und Firmenzugang – sind in der Darstellung identisch. Bei beiden Zugängen werden die 70 Items der Persönlichkeitsanalyse auf 12 Seiten dargestellt. Es kann mit dem Verfahren nur fortgefahren werden, wenn pro Seite sämtliche Aussagen beantwortet wurden. Dadurch wird die vollständige Bearbeitung aller Aussagen sichergestellt. Die Registrierung sowie der Abschluss der Analyse sind je nach Zugang etwas anders (siehe auch Kapitel Durchführungszeit, Material, Instruktion).

Auswertung und Interpretation

Die Verrechnung der Rohwerte in die Normwerte und deren Darstellung in grafischer und verbaler Form erfolgt computerbasiert. Dabei verläuft die Auswertung der Antworten einer Person folgendermassen: Die einzelnen Antworten werden auf der ihnen zugrundeliegenden Skala (pro Persönlichkeitsdimension eine Skala) aufsummiert. Dabei wird berücksichtigt, ob das Item im Sinne der Skalenausprägung positiv oder negativ formuliert ist. Die Antworten auf negativ formulierte Items werden umgepolt, das heisst die gegebene Antwort wird von der maximalen Antwortausprägung subtrahiert. Fehlende Antworten kommen aufgrund der Programmlogik des Tests nicht vor. Der ermittelte Summenwert wird durch die Anzahl der Items der Dimension dividiert, wodurch je Persönlichkeitsdimension ein Mittelwert die durchschnittliche Zustimmung zu den Items anzeigt. Die Zusammensetzungen der Skalen unterscheiden sich für den Direktzugang und den Firmenzugang leicht (siehe auch Kapitel Konstruktion des Verfahrens).

Dieser individuelle Mittelwert je Skala wird anschliessend in einen Normwert umgewandelt, der eine Aussage über den Vergleich mit der Normierungsstichprobe macht. Die Angaben der aktuell hinterlegten zwei Normierungsstichproben sind unter Kapitel Normierung aufgeführt.

Stanine-Werte mit Prozentangabe der Personen mit identischem oder tieferem Wert Abbildung 2. Stanine-Werte mit Prozentangabe der Personen mit identischem oder tieferem Wert

Beschreibung der Bereiche unterschiedlicher Merkmalsausprägung

Viele natürliche Merkmale (z. B. Körpergrösse, Gewicht) verteilen sich bei genügend grosser Stichprobe normal, das heisst symmetrisch und mit einem Schwerpunkt in der Mitte der Verteilung. Mittlere Werte kommen demnach am häufigsten vor. Je stärker ein Wert nach oben oder unten vom Mittelwert abweicht, desto kleiner wird die Anzahl an Personen, die einen solchen Wert aufweisen. Die in der Auswertung gewählte Form der Ergebnisdarstellung ist die sogenannte Stanine-Skala («STAndard NINE», siehe Abbildung 2). Diese weist eine Normalverteilung auf, deren Mittelwert bei 5 und deren Standardabweichung bei 2 liegt. Eine Standardabweichung von 2 Stanine-Punkten oberhalb und unterhalb des Mittelwerts bedeutet, dass über drei Viertel (78%) der Testpersonen einen Stanine-Wert zwischen 3 und 7 Punkten erreichen (5±2). Die Breite zwischen ±1 Standardabweichung um den Mittelwert gilt bei den meisten Skalen (z. B. T-Skala, z-Skala, IQ-Skala) als Durchschnittsbereich und umfassen gut zwei Drittel (68%) aller Personen. Aufgrund der groben Differenzierung der Stanine-Skala in nur neun Bereiche fallen dementsprechend mehr Personen in den Durchschnittsbereich von ±1 Standardabweichung als bei anderen Normwertsystemen. Der Durchschnittsbereich kann jedoch auch etwas enger definiert werden, und zwar im Fall der Stanine-Skala so, dass ±0.75 Standardabweichungen um den Mittelwert als durchschnittlich gelten (Schmidt-Atzert & Amelang, 2012; Schelten, 1997). Dies entspricht dem Bereich zwischen den Stanine-Werten 4 bis 6, der 54 Prozent der Personen umfasst. Ist bei einer Person beispielsweise die Kontaktbereitschaft zwischen den Stanine-Werten 4 und 6 (54% aller Personen), ist dies mit der engeren Definition als durchschnittliches Ergebnis zu interpretieren. Im Sinne der engeren Definition werden Werte von 2 oder 3 als niedrige Ausprägungen (19% aller Personen) und ein Wert von 1 als sehr niedrige Ausprägung (4% aller Personen) interpretiert. Analog dazu gelten die Werte 7 und 8 als hohe Ausprägung (19% aller Personen) der Eigenschaft, der Wert 9 als sehr hoch (4% aller Personen). Mit der Transformation der Rohwerte in die normbezogenen Stanine-Werte wird somit die relative Einordnung und eine vergleichende Darstellung der Personen möglich (siehe Abbildung 2). Die Kurz-Interpretationshilfe im Anhang dieses Handbuchs verwendet die in Tabelle 1 beschriebenen Bereiche «Sehr niedrig» bis «Sehr hoch».

Tabelle 1. Stanine-Werte und Merkmalsbereiche der Kurz-Interpretationshilfe

Stanine-Werte und Merkmalsbereiche der Kurz-Interpretationshilfe

Rückmeldung der individuellen Ergebnisse und Gliederung der Auswertung

Die Auswertung IdentyFi® gliedert sich in vier Teile. Der erste Teil beinhaltet Angaben zu der Testperson und im zweiten Teil der Auswertung findet sich das Persönlichkeitsprofil über die sechs Persönlichkeitsmerkmale übersichtlich zusammengefasst. Anschliessend folgt eine differenzierte Beurteilung der einzelnen, oben besprochenen Dimensionen. Der letzte Teil der Auswertung beinhaltet Informationen zur theoretischen Einbettung von IdentyFi®.

Im zweiten Teil (Seite 1) findet sich die Zusammenfassung des Persönlichkeitsprofils. Die Stanine-Ausprägungen auf den sechs Persönlichkeitsdimensionen werden grafisch dargestellt und in ihrer Ausprägung zwischen eins und neun eingeordnet. Unter dem Persönlichkeitsprofil findet sich zu jeder Persönlichkeitsdimension in Form von Stichworten eine kurze Beschreibung der individuellen Ausprägung der Eigenschaft mit dafür charakteristischem Verhalten. Diese sind in derselben Reihenfolge angeordnet wie die Persönlichkeitsdimensionen im Profil.

Der dritte Teil der Auswertung findet sich auf den Seiten zwei bis vier. Jedes Persönlichkeitsmerkmal wird kurz definiert und dessen individuelle Ausprägung in Bild- wie auch Textform festgehalten. Daran schliesst eine verbale Beschreibung der jeweiligen Ausprägung auf den Persönlichkeitsdimensionen an. Diese Beschreibung wird auch textbasierte Auswertung genannt. Je nach Ausprägung auf den Dimensionen lauten diese Beschreibungen unterschiedlich. Personen, die in einer Persönlichkeitsdimension einen Stanine-Wert von 1 erreichen, erhalten für diese Dimension die Beschreibung einer sehr niedrigen Ausprägung. Eine niedrige Ausprägung und dementsprechend eine andere textbasierte Ausprägungsbeschreibung erhalten jene Personen, die einen Stanine-Wert von 2 oder 3 ausgewiesen bekommen. Bei einem Stanine-Wert von 4, 5 oder 6 folgt eine Beschreibung für eine durchschnittliche Ausprägung. Stanine-Werte von 7 und 8 respektive 9 werden als hohe respektive sehr hohe Ausprägung in der textbasierten Auswertung dargestellt.

Der vierte Teil der Auswertung entspricht dem Anhang und beinhaltet eine kurze Einbettung des Verfahrens.

Zustellung der Auswertung

Bei der Durchführung mit Direktzugang wird die Auswertung nach vollständiger Durchführung der Analyse innerhalb weniger Minuten automatisch generiert. Die personalisierte Auswertung wird anschliessend auf der Übersichtsseite des IdentyFi®-Logins der Testperson als PDF-Dokument zum Download verfügbar gemacht. Personen, die im Rahmen eines Rekrutierungsprozesses IdentyFi® bearbeiten (Firmenzugang), erhalten nach der Durchführung keinen Zugriff auf die Auswertung. Einzig die Firma, welche den Identifikations-Code für die Durchführung bereitstellte, erhält den Zugriff auf die von ihr bezahlten Analysen. Es steht den Firmen frei, in welchem Umfang eine Ergebnisrückmeldung an die Teilnehmenden stattfindet. Es wird bei einer Rückmeldung empfohlen, den Jugendlichen die für die Interpretation erforderlichen Informationen im Gespräch mitzuteilen (bzw. wird davon abgeraten, den Jugendlichen lediglich das Ergebnisprofil auszuhändigen).

Anwendungsgebiete

Grundsätzlich ist bei der Interpretation des Persönlichkeitsprofils darauf zu achten, dass die erfassten Werte nicht mit absoluter Sicherheit den wahren Werten der Personen entsprechen. Jede Messung beinhaltet Messfehler, welche die Genauigkeit der Aussagekraft in einem bestimmten Mass einschränken. Diese Genauigkeitseinschränkung wird im Kapitel Reliabilität besprochen.

Auch unter Berücksichtigung der unter Kapitel Befragungs- und Beantwortungsmodus erwähnten Aspekte ist eine verminderte Genauigkeit der Messung nicht auszuschliessen. Beispielsweise kann eine sehr hohe Ausprägung in allen Dimensionen auf eine Antworttendenz hindeuten. Profile mit durchgehend hohen Ausprägungen können ebenfalls Indiz dafür sein, dass sich jemand besonders sozial erwünscht darstellen möchte. Mehr Informationen dazu finden sich ebenfalls in Kapitel Befragungs- und Beantwortungsmodus.

Einsatz im Bewerbungsprozess

So wie es beim Bearbeiten der Fragen keine richtigen oder falschen Antworten gibt, so gibt es auch keine guten oder schlechten Ergebnisse beziehungsweise Persönlichkeitsprofile. Entscheidend für die Interpretation der Testergebnisse ist im Rahmen von Bewerbungsprozessen die Passung des Persönlichkeitsprofils einer Bewerberin oder eines Bewerbers mit den Anforderungen der Tätigkeiten der zu besetzenden Stelle.

Gerade im Einsatz bei der Bewerbendenselektion sollte unbedingt, noch bevor mit der Interpretation der Testauswertung begonnen wird, ein Anforderungsprofil erstellt worden sein. Ein Anforderungsprofil macht Aussagen, über die bei der zu besetzenden Stelle erwarteten (z. B. erfolgskritischen) Eigenschaften, die ideale Bewerber oder Bewerberinnen mitbringen sollten. Anforderungsprofile richten sich nach konkreten Tätigkeiten der Stelle, aber nicht selten auch nach Gegebenheiten der Organisation (Weuster, 2004). Zusätzlich können auch minimale und maximale Ausprägungen festgelegt werden, die nicht unter- beziehungsweise überschritten werden dürfen. Bei der Erstellung des Anforderungsprofils hinsichtlich der zentralen Persönlichkeitsmerkmale in IdentyFi® können die in Kapitel 2 oder im Anhang dieses Handbuchs vorhandenen Beschreibungen und Interpretationen der Ausprägungen der einzelnen Persönlichkeitsdimensionen hinzugezogen werden. Das Anforderungsprofil wird dann mit den Profilen der Jugendlichen verglichen, um die Passung der Persönlichkeitsausprägungen mit dem erwünschten Profil zu ermitteln.

Wesentlich ist also vor allem, dass vor der Interpretation bekannt ist, welche Eigenschaften für eine Stelle besonders wichtig sind. Haben die Lernenden beispielsweise häufigen Kontakt zu Kundinnen und Kunden, ist eine starke Ausprägung der Kontaktbereitschaft erwünscht. Wenn sie aber in einem festen Team mit wenig Kontakt nach aussen arbeiten sollen, ist eine höhere Ausprägung der Bereitschaft zur Teamarbeit wichtig. Da eine hohe Ausprägung der Kontaktbereitschaft auch mit dem Bedürfnis nach neuen und abwechslungsreichen Kontakten verbunden ist, kann sich diese negativ auf die Motivation und die Arbeitsleistung auswirken, sollte das berufliche Umfeld beispielsweise aus einem festen Team mit wenig Aussenkontakt bestehen.

IdentyFi® stellt ein Werkzeug zur Persönlichkeitsbeschreibung dar. Dieses Bild kann und soll mit anderen Quellen (z. B. Arbeitszeugnisse, Schnupperberichte) abgeglichen werden. Bei Ungereimtheiten zwischen den Ergebnissen von IdentyFi® und weiteren Unterlagen des Bewerbungsdossiers kann beim Bewerbungsgespräch durch gezieltes Ansprechen Aufklärung geschaffen und es können Missverständnisse vermieden sowie Fehlinterpretationen reduziert werden.

Einsatz bei Privatpersonen

Wird IdentyFi® ausserhalb eines Bewerbungsprozesses eingesetzt, so gilt es Folgendes zu berücksichtigen. IdentyFi® gibt Auskunft über sechs berufs- und leistungsbezogene Persönlichkeitseigenschaften. Mit den aus diesem Verfahren gewonnenen Informationen können kaum Aussagen über berufs- und leistungsunabhängige Persönlichkeitsmerkmale getroffen werden und auch keine Übertragungen auf die Ausprägung solcher in den Privatkontext gemacht werden. Im genannten Rahmen kann diese Analyse jedoch dazu genutzt werden, das eigene Selbstbild mit der Auswertung – der zwar auf Selbstbeschreibung basierenden, jedoch normierten Persönlichkeitsanalyse – abzugleichen und dadurch mehr über die eigene Persönlichkeit zu erfahren und sich allenfalls auch besser einschätzen zu lernen.

Dank der textbasierten Auswertung können auch Personen ohne Kenntnisse in Persönlichkeitsverfahren, Diagnostik sowie der Interpretation psychologischer Tests adäquate Informationen zu ihrer Persönlichkeitsausprägung gewinnen. Das eingehende Studium der vorliegenden Publikation wird empfohlen. Sollte bei der Interpretation Hilfe benötigt werden, so kann sich der private Anwender beziehungsweise die private Anwenderin an die Herausgebenden dieses Verfahrens wenden.