Persönlichkeitsanalyse
Die Persönlichkeitsanalyse Gesundheit HF entspricht in Bezug auf die Items und die Skalenstruktur der Persönlichkeitsanalyse IdentyFi® Pro, unterscheidet sich aber durch eine spezifische Normierung. IdentyFi® Pro ist eine berufsbezogene und wissenschaftlich fundierte Persönlichkeitsanalyse von gateway.one. Die Umfrage umfasst 82 Aussagen zur Selbsteinschätzung und dauert rund zwanzig Minuten in der Durchführung.
Mit IdentyFi® Pro werden für den beruflichen Kontext die sechs Persönlichkeitsmerkmale Gewissenhaftigkeit, Lernwille, Belastbarkeit, Führungsmotivation, Geselligkeit und Offenheit sowie Bereitschaft zur Teamarbeit erfasst. Persönlichkeitsmerkmale werden in der Eignungsbeurteilung üblicherweise herangezogen, um Vorhersagen über den Erfolg und die Zufriedenheit von Personen in spezifischen Positionen und Funktionen im Unternehmen, bei den dort wesentlichen Arbeiten und Tätigkeiten, aber auch in der dort herrschenden organisationalen Kultur und Struktur zu treffen (siehe z. B. Höft & Kersting, 2018; Litzcke, 2003; Sarges, 2000).
Testkonzept und Interpretation
In den Kapiteln zur Persönlichkeitsanalyse dieser Interpretationsbroschüre werden vor allem Aspekte beschrieben, die nicht bereits im Zertifikatsanhang zu finden sind. Ausführliche Hinweise zum Verfahren, wie Hintergrund, Konstruktion und Anwendung, finden Sie im Manual der Persönlichkeitsanalyse IdentyFi® Pro. IdentyFi® Pro wird in zwei unterschiedlichen Kontexten eingesetzt: (1) als allgemeine Online-Durchführung im Kontext von Personalauswahl und Personalentwicklung und (2) als Persönlichkeitsanalyse Gesundheit HF im Kontext der Kompetenzanalyse Gesundheit HF. Deshalb befinden sich im Manual jeweils Angaben zu den beiden Normierungsstichproben.
Das gesamte Manual kann auch über folgenden Link aufgerufen werden: IdentyFi® Pro Persönlichkeitsanalyse für Erwachsene (Manual)
Normierung
Bei den dargestellten Ergebnissen handelt es sich um Normwerte. Das bedeutet, dass die individuellen Testwerte mit den Ergebnissen von Personen in Beziehung gesetzt werden, die sich ebenfalls im Bewerbungsprozess im Bereich Gesundheit HF befunden haben. Aufgrund der Normierung kann eine Aussage über die Position des individuellen Wertes in der Verteilung der Werte in der Normstichprobe gemacht werden. Die Persönlichkeitseigenschaften verteilen sich – wie auch viele andere natürliche Merkmale (z. B. Körpergrösse oder Gewicht) – bei genügend grosser Stichprobe symmetrisch und mit einem Schwerpunkt in der Mitte (Normalverteilung). Mittlere Werte kommen demnach am häufigsten vor. Je stärker ein Wert nach oben oder unten vom Mittelwert abweicht, desto kleiner ist die Anzahl der Personen, die einen solchen Wert aufweisen.
Abbildung 7. Stanine-Werte mit Prozentangabe der Personen mit identischem oder tieferem Wert
Die im Zertifikat gewählte Form der Ergebnisdarstellung ist die sogenannte Stanine-Skala («STAndard NINE»). Diese weist eine Normalverteilung auf, deren Mittelwert bei 5 und deren Standardabweichung bei 2 liegt. Der Durchschnittsbereich wird in diesem Verfahren jedoch enger definiert, sodass ±0.75 Standardabweichungen um den Mittelwert als durchschnittlich gelten (Schmidt-Atzert & Amelang, 2012; Schelten, 1997). Der mittlere Bereich liegt entsprechend zwischen den Stanine-Werten 4 und 6, sodass 54 Prozent der Personen der Normstichprobe umfasst werden (siehe Abbildung 7). Normwerte zwischen den Stanine 4 und 6 können dadurch als durchschnittliche Ausprägung in der entsprechenden Dimension interpretiert werden.
Die aktuelle Normierung wurde anhand einer Stichprobe von 7´298 Personen der deutschsprachigen Schweiz durchgeführt, welche die Analyse zwischen Mai 2021 und Februar 2024 absolviert haben. Die Personen waren zum Zeitpunkt der Durchführung zwischen 17 und 64 Jahre alt (Mittelwert = 24.9 Jahre, Standardabweichung = 7.8 Jahre). Insgesamt waren 90% der Personen jünger als 37 Jahre und am häufigsten nahmen Personen im Alter von 20 Jahren teil (Modalwert). Von der Normierungsstichprobe sind 5´859 Personen (80.3 %) weiblich, 1´439 männlich (19.7 %). Die Normierung wird gemäss den Anforderungen der DIN 33430 (Richtlinien für die berufsbezogene Eignungsdiagnostik) in regelmässigen Abständen mit neu erhobenen Daten überprüft und verfeinert.
Persönlichkeitsprofil
Das Persönlichkeitsprofil basiert auf der Selbsteinschätzung der befragten Person im Hinblick auf verschiedene berufs- und leistungsbezogene Situationen und Verhaltensweisen. Es beinhaltet die sechs Dimensionen Gewissenhaftigkeit, Lernwille, Belastbarkeit, Führungsmotivation, Geselligkeit und Offenheit sowie Bereitschaft zur Teamarbeit. Ausserdem werden die dazugehörenden Facetten abgebildet, welche jeweils zusammengefasst die einzelnen Dimensionen ausmachen.
Im Persönlichkeitsprofil ist die Einordnung der individuellen Einschätzung auf den Dimensionen beziehungsweise deren Facetten (blau bzw. grau hervorgehobene Felder) im Vergleich zur gesamten Normstichprobe dargestellt. Dieser Vergleich bietet den Vorteil, dass beispielsweise eine tief ausgeprägte Belastbarkeit abgebildet sein kann, obwohl sich die Person selbst als durchschnittlich belastbar eingeschätzt hat, aufgrund des Umstandes, dass sich die Mehrheit der Personen in der Normstichprobe eine hohe Ausprägung in der Belastbarkeit zugeschrieben hat.
Abbildung 8. Persönlichkeitsprofil
Werte im mittleren Bereich kommen häufiger vor, als Werte in den äusseren Bereichen. Es ist wichtig, dass es – wie bei Persönlichkeitsfragebogen üblich – per se keine richtigen oder falschen Antworten auf die Fragen gibt und somit die Ergebnisse nicht als «gut» oder «schlecht» bezeichnet werden können. Vielmehr soll die Interpretation der Ergebnisse in Bezug zur angestrebten Position sowie unter Berücksichtigung des gesamten Persönlichkeitsprofils erfolgen. Je nach Arbeitsumfeld und Anforderungsprofil der Tätigkeit sind bestimmte Persönlichkeitsprofile somit passender als andere. So kann beispielsweise eine stark ausgeprägte Sorgfalt eine wichtige Voraussetzung für eine Position sein, in der äusserst exakt und detailorientiert gearbeitet werden soll und genaue Kontrollen vorgenommen werden müssen. Hingegen kann die gleich hohe Ausprägung der Sorgfalt für eine Tätigkeit, bei der viele schnelle, pragmatische Entscheidungen getroffen werden müssen, hinderlich sein.
Es ist somit wesentlich, dass bei der Interpretation des Persönlichkeitsprofils bekannt ist, welche Eigenschaften mit welcher Ausprägung für die entsprechende Position relevant sind (Anforderungsprofil).
Bei einigen Positionen sind Ausprägungen im sehr hohen oder sehr niedrigen Bereich weniger wünschenswert als Ausprägungen im durchschnittlichen beziehungsweise mittleren Bereich. So könnte bei einer Position, die häufige Teamarbeit mit gleichgestellten Personen beinhaltet, eine durchschnittlich ausgeprägte Führungsmotivation vorteilhafter sein als eine niedrige oder stark ausgeprägte. Das bedeutet, eine höhere Ausprägung ist nicht zwingend besser und eine niedrigere Ausprägung nicht zwingend schlechter. Entscheidend ist die Passung der Ausprägungen des Persönlichkeitsprofils zum Anforderungsprofil, die der Beruf mit sich bringt.
Im Persönlichkeitsprofil werden auf Dimensions-Ebene Vertrauensintervalle abgebildet (dargestellt durch braune, horizontale Balken). Das Vertrauensintervall zeigt den Bereich um den Messwert an, der in 90 Prozent der Messungen den wahren Wert beziehungsweise die tatsächliche Ausprägung der Person beinhaltet. Vertrauensintervalle werden berechnet, da die Messgenauigkeit (Reliabilität), wie bei Fragebogen dieser Art üblich, nicht perfekt ist.
Abbildung 9. Darstellung des Vertrauensintervalls am Beispiel der Dimension Lernwille
Wenn eine Dimension anhand mehrerer Facetten erhoben wird, wird auf Dimensions-Ebene ausserdem ein Hinweis auf Diskrepanzen gegeben und erläutert. Dies wird im Folgenden anhand der Dimension Belastbarkeit beispielhaft erklärt. Falls sich die Ausprägungen einer Person in den Facetten Funktionieren unter Belastung und Leistungsbezogene Sicherheit wesentlich voneinander unterscheiden, wird dies entsprechend vermerkt. In solchen Fällen gibt es eine ausführliche Erklärung zur Richtung der Diskrepanz sowie eine mögliche Interpretation.
Abbildung 10. Diskrepanzen auf Dimensions-Ebene
Bei der Interpretation ist besonders zu beachten, dass das Persönlichkeitsprofil aufgrund der Selbstbeurteilung Verzerrungsfehlern unterliegen kann. Aus diesem Grund sollten Hypothesen, die bei der Interpretation des Persönlichkeitsprofils aufgestellt werden, als solche behandelt werden. Jede Hypothese sollte in einem Vorstellungsgespräch thematisiert oder anhand weiterer Quellen (z. B. Zeugnisse, strukturierte Interviews) überprüft werden.